Schülerinnen aus dem Leistungskurs Geschichte der Merian-Schule wurden auserwählt, an einem höchst interessanten, binationalen Projekt des „Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit“ teilzunehmen. Sie gingen gemeinsam mit belorussischen Schülern auf Spurensuche …

Vom 17.-23.4.2016 wurde im Rahmen des Projektes „Spurensuche“ eine Begegnung zwischen deutschen und belorussischen Schüler/innen sowie Zeitzeugen aus Belarus ermöglicht. Dieses Programm bot den deutschen und belorussischen Schüler/innen eine der wahrscheinlich letzten Gelegenheiten zu einzigartigen Gesprächen mit Zeitzeugen der NS-Gewaltherrschaft und von Zwangsarbeit. Es ermöglichte die Erkundung der Geschichte der Zwangsarbeit belorussischer Bürger in Berlin, speziell in Köpenick, und deren Folgen.

Das Projekt begann mit einer spannenden Führung durch das „Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit“ und mit dem Kennenlernen der deutschen und belorussischen Schüler/innen. Die Berliner Schulen waren vertreten durch die Ellen-Key-Schule, die Grünauer sowie die Merian-Schule. Wir, die Schülerinnen Annette Edik, Celina Czeczatka und Laura Lube, möchte hier nun kurz das erlebte Projekt vorstellen.

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Interview mit Zeitzeugin Iryna und ihrem Sohn, deutsche und belarussische Schüler, die Referentinnen Eva sowie Alessja.

Schon bei diesem ersten Treffen am Sonntag bereiteten wir das lebensgeschichtliche Interview für den darauf folgenenden Tag vor. Um das Interview mit den Zeuginnen führen zu können, teilten sich die Schüler/innen in zwei Gruppen und bereiteten diverse Fragen vor.

Am nächsten Tag durften wir mit den Zeitzeuginnen Iryna Bezverkhaya und Svetlana Leonava Bekanntschaft schließen. Beide Gruppen führten danach die Interviews durch, die sehr emotional waren. Wir, die Merian-Schüler/innen und unser Lehrer, Herr Bähre, befragten zusammen mit drei belorussischen Schüler/innen die Zeitzeugin Iryna. Obwohl mehrere Gruppenmitglieder das Interview nicht wortwörtlich verfolgen konnten (da es auf Russisch ablief), waren wir alle von der Atmosphäre gepackt. Iryna erzählte uns ihre Geschichte, die sie mit nur 10 Jahren erlebte, sehr emotional, unter Tränen, aber auch mit einem Lachen. Sie wurde als kleines Mädchen mit ihrer älteren Schwester nach Köpenick deportiert, wo sie ein Jahr in einer Wäscherei Zwangsarbeit leisten musste. Wir alle waren von ihrer Geschichte sehr beeindruckt. Iryna und auch wir mussten uns immer wieder Tränen aus dem Gesicht wischen. Nach dem Interview kamen die zwei Gruppen wieder zusammen, um das Gespräch auszuwerten.

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Die deutschen und belarussischen Schüler, die Lehrer, Zeitzeugin Iryna und ihr Sohn während der Spurensuche in Köpenick.

Am dritten Tag begann die Spurensuche in Kleingruppen. Unsere Gruppe traf sich mit Iryna, den belorussischen Schüler/innen und weiteren Mitgliedern in Köpenick, um Irynas Vergangenheit auf den Grund zu gehen. Da sie sich an genaue Details erinnern konnte, fanden wir ihre alte Baracke sowie die vermutliche Wäscherei, obwohl sich in den vielen Jahren alles verändert hat. Wir alle waren sehr von Iryna beeindruckt, da sie trotz ihres Alters so motiviert durch die Straßen Köpenicks lief und viele Geschichten über den Ort erzählte. Desweiteren waren wir alle von ihrer Herzlichkeit und Dankbarkeit berührt, da sie sich bei uns allen mehrmals für unsere Unterstützung und Hilfsbereitschaft bedankte.

Am Mittwoch begannen wir mit der Auswertung der Spurensuche sowie mit der Vorbereitung der Abendveranstaltung am Donnerstag. Es folgte ein Besuch im Bundestag und ein Stadtrundgang.

Der Donnerstag startete mit einem Besuch des Deutsch-Russischen Museums in Karlshorst sowie mit der Vorbereitung der bevorstehenden Abendveranstaltung. Die zwei Gruppen sollten jeweils das Leben der Zeitzeuginnen, die Spurensuche sowie unsere eigenen Eindrücke vor einem Publikum vorstellen. Nach ausführlicher Vorbereitung präsentierten wir unsere Ergebnisse, die mit sehr großem Interesse, auch von Vertretern des Berliner Senats sowie der Belorussischen Botschaft, aufgenommen wurde. Desweiteren stellte das Publikum viele Fragen an die Zeitzeuginnen, viele drückten auch ihre Bewunderung gegenüber dem Projekt aus.

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Am letzten Tag gingen die jeweiligen Gruppen auf Wunsch der belorussischen Schüler/innen in die deutschen Schulen. Somit gingen wir (Annette, Laura, Celina) mit unseren drei belorussischen Gästen in die Merian-Schule, wo wir von unserem Direktor herzlich empfangen wurden. Die Schüler/innen bestaunten die Cafeteria, die Aula, die Turnhalle, die Unterrichtsräume… Doch am meisten beeindruckte sie die Bereitschaft der Schüler/innen an einem geordneten Schulablauf. In ihrer Schule sei das anders, doch bei uns saßen die Schüler/innen auf ihren Plätzen und folgten dem Unterricht. Am Nachmittag konnten wir im Dokumentationszentrum das komplette Projekt auswerteten und am Abend trafen wir uns alle in einem Restaurant zu einem gemeinsames Abschlussessen. Es wurde viel gelacht, doch am Ende waren die Augen feucht. Unter Tränen verabschiedeten wir uns voneinander, allerdings mit dem Gedanken, uns im Herbst hoffentlich wiedersehen zu können

Im Rückblick auf dieses Projekt können wir (Annette, Laura, Celina) sagen, dass diese Woche eine Bereicherung für uns in vielerlei Hinsicht war. Wir haben nicht nur neue Freunde gefunden, sondern auch einen tiefen Einblick in die Geschichte unserer Zeitzeuginnen gewonnen.